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Ein Kenner von Land und Leuten – Für das Themenjahr „Fontane.200“ ziehen Brandenburger Akteure an einem Strang

Ein Ausschnitt des Gemäldes "Theodor Fontane" von Carl Breitbach, 1883. Gezeigt wird Theodor Fontane im schwarzen Anzug mit Fliege bis zu den Schultern.
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Theodor Fontane, Foto: www.zeno.org

„Indem er Brandenburg literarisierte, machte Fontane dem Land ein Geschenk“, sagt Dr. Hanna Delf von Wolzogen, Leiterin des Theodor-Fontane-Archivs. Seine Liebe zum Brandenburger Landadel und die Leidenschaft, mit der er die Landschaft beschrieb, prägten die Region – bis heute sind seine Spuren in der Mark auch für Touristen ein attraktives Ziel. Zum 200. Geburtstag würdigen die Stadt Potsdam und ihre Universität den Schriftsteller und sein Wirken. Auch in der kommenden Aktionswoche „Uni findet Stadt“ nähert man sich der Persönlichkeit. So liest die Literaturhistorikerin, Publizistin und Fontaneforscherin Heide Streiter-Buscher aus Briefen an Ludovica Hesekiel. Zuvor öffnet das Theodor-Fontane-Archiv die Türen für eine Führung durch seine Räumlichkeiten. 

„Neuruppin hat Fontane nicht geliebt, aber Potsdam hat er verabscheut“, erzählt Hajo Cornel, seit April Koordinator des Projektes „Fontane.200“ der Universität Potsdam und der Brandenburgischen Gesellschaft für Kultur und Geschichte. Emilie Rouanet-Kummer hatte in einem Brief an Theodor Storm den Wunsch geäußert, nach Potsdam zu ziehen – auch, weil die Mieten so günstig seien –, doch bei ihrem Mann fand dies kein Gehör. „In den ,Wanderungen durch die Mark Brandenburg’ gibt es zwei Routen durch das Havelland: Eine führt links, eine rechts an Potsdam vorbei.“ Lediglich drei Buchseiten widmet Fontane der Stadt. Diesen Irrungen und Wirrungen Fontanes zum Trotz wird es 2019 vielfältige Aktivitäten des Fontane-Archivs, eine Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte (HBPG) sowie ein Kulturprogramm in der Stadt Potsdam geben.

„Mit der Villa Quandt sind wir in Potsdam als Ort sichtbar“, konstatiert Hanna von Wolzogen. Im Kaminzimmer der Villa hängt eine ausdrucksstarke Zeichnung, die den Dichter zeigt. Fontane blickt bei Lesungen und Vorträgen quasi auf sein Publikum hinunter. Seit zwei Jahren bereits gehört das Archiv zur Philosophischen Fakultät der Universität. Mit seiner Bibliothek, dem Lesesaal und dem Kulturprogramm ist es längst Teil des städtischen Lebens geworden. „Bis heute gehört zu Fontanes Image, dass er ein großartiger Briefeschreiber war“, erläutert Rainer Falk vom Fontane-Archiv. Seinen weltweit größten Briefbestand will das Archiv nun kritisch edieren. Ein erster Teil soll bis 2019 online veröffentlicht werden. Zudem soll ein Online-Portal verschiedene digitale Forschungsprojekte zu Fontane vernetzen.

Fontanes Medien und Fontane in den Medien – diese Aspekte beleuchtet eine internationale Konferenz des Archivs im Jubiläumsjahr 2019. Was heute nicht mehr jeder weiß: Der Schriftsteller arbeitete über Jahrzehnte journalistisch. „Das Schreiben musste ihn ernähren“, berichtet Hanna von Wolzogen. „Er beobachtete seit 1848 die Entwicklung des Mediums Zeitung sehr genau.“ 

Geplant für 2019 ist auch eine Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte. Sie wird entsprechende Identitätskonstrukte Brandenburgs fokussieren. „Für die Landesidentität ist Fontane eine zentrale Figur“, betont HBPG-Direktor Dr. Kurt Winkler. „In der anbrechenden Moderne und der fortschreitenden Industrialisierung hat er Brandenburg als Geschichtsraum konstruiert.“ An die Exposition will Brigitte Faber-Schmidt von „Kulturland Brandenburg“ andocken. „Zusammen mit Brandenburger Akteuren wollen wir ein künstlerisches, musikalisches, szenisches und literarisches Programm schaffen“, verrät sie. In Form von künstlerischen „Interventionen“ könnten dann zum Beispiel Menschen Fontane auch im städtischen Alltag begegnen.

Natürlich bereitet sich auch Fontanes Geburtsstadt Neuruppin gebührend vor. So plant das Museum die Ausstellung „Fontane.Autor“. Auf dem Braschplatz werden Jugendliche aus ganz Deutschland in einer Art „Fontane-Slam“ Projekte präsentieren, die sie im Unterricht entwickelt haben. Ein Forum mit Einmaligkeitswert, wie Hajo Cornel findet. „Die Belebung Neuruppins ist ein gewollter Nebeneffekt.“ Hinter dem Titel des Festjahres „Fontane.200“ steht übrigens ein Medienbezug. Aber lassen sich zeitgenössische Medien wie Sms, Chat oder Email überhaupt auf Fontanes Medien beziehen? „Er wählte häufig Mischformen zwischen historischer Recherche, Journalismus und Literatur“, erklärt Kurt Winkler. „Diese Uneindeutigkeit lässt im Hinblick auf heutige Kommunikationsformen neue Perspektiven zu.“

Aktionswoche „Uni findet Stadt“
Uni findet Kultur
9. Juni 2016, 18 Uhr
Führung durch das Theodor-Fontane-Archiv

9. Juni 2016, 19 Uhr
„Mein liebes Ludchen“. Briefe an die Schriftstellerin Ludovica Hesekiel 1869–1886 – Lesung mit der Literaturhistorikerin, Publizistin und Fontaneforscherin Heide Streiter-Buscher
Theodor-Fontane-Archiv an der Universität Potsdam, Villa Quandt, Große Weinmeisterstr. 46/47, 14469 Potsdam
Eintritt: 5 Euro / Anmeldung unter: 0331/201396 oder fontanearchiv@uni-potsdam.de

 

Kontakt: 

Theodor-Fontane-Archiv an der Universität Potsdam
Rainer Falk
Große Weinmeisterstr. 46/47
Tel.: 0331 20139-79
E-Mail: rfalkuni-potsdamde

 

Text: Jana Scholz
Online gestellt: Agnetha Lang
Kontakt zur Online-Redaktion: onlineredaktionuni-potsdamde