Heute ist Sonntag und es stehen keine Termine für uns an, deshalb nutzen wir die Gelegenheit und gehen zu einem kleinen Supermarkt ganz in der Nähe. Auch sonntags haben hier die Geschäfte zumindest für einige Stunden geöffnet. Wir bekommen zahlreiche neue Eindrücke von der Region und dem alltäglichen Leben der Bewohner von Vanderbijlpark. Man kann sich das Leben hier etwa so vorstellen: Die Welten wechseln schlagartig. Aus unserer stacheldrahtumzäunten Community tritt man auf unbefestigte und vermüllte Straßen. Die Bauweise der einstöckigen Häuser erinnert an amerikanische Vororte, nur der Zustand der Gebäude macht klar, dass hier die Armut zu Hause ist. Teilweise sind ganze Terrassen von eisernen Käfigstangen umgeben, Schilder drohen mit tödlicher Gewalt bei Betreten der Privatgrundstücke. Klapprige und verrostete Kleinbusse quälen sich brüllend die Straßen entlang. Hinter der nächsten Ecke herrscht plötzlich Stille, Tauben gurren, der Rasen ist gepflegt. Allerdings hinter einem drei Meter hohen Zaun. Dahinter: koloniales Lebensgefühl. Die weiße Kleidung und Sonnenhüte der Boulespieler („rolbal“) wirken fremd inmitten des Drecks, keine fünf Meter entfernt. Lachend unter Sonnenschirmen macht man sich keine Gedanken über das Leben jenseits des Zauns. Abends steigt man in sein Auto und fährt zurück in sein ummauertes Heim.
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Kontakt: Prof. Dr. Hans-Georg Wolf
Am Neuen Palais 10
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E-Mail: hgwolfuuni-potsdampdepresseuuni-potsdampde
Text: Katja Wiegand, Joana Schmidt und Julius Wolf
Online gestellt: Silvana Seppä
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