Unsere Reise beginnt am Freitagabend für uns zehn Anglistikstudenten mit einem Flug von Berlin nach Frankfurt, von dort aus fliegen wir weitere zehn Stunden in der Economy Class und landen schließlich gegen acht Uhr morgens in Johannesburg. Viele interessante Gespräche über die persönlichen Erwartungen an die Reise und die Sprachprojekte an der North-West University und vor allem viel Nervenkitzel in über 11.000 Metern Höhe in einem 500 Tonnen schweren A380 haben uns kaum schlafen lassen. Wir sind glücklich, dass wir am Flughafen empfangen werden. Eine einstündige Fahrt später erreichen wir unsere Unterkunft, das Quest Center, das in Vanderbijlpark in der Region Vaal liegt. Nachdem wir das Quest, unsere Unterkunft, erkundet, die Koffer geleert und die ersten Sonnenstrahlen auf der Wiese vor den Zimmern genossen haben, treibt uns der Forschergeist durch die Straßen von Vanderbijlpark. Über trockene, platt getrampelte Wege am Straßenrand, die fern vom deutschen Standard eines Fußgängerweges sind, geht es vorbei an fremdartiger Flora und Fauna, farbenfrohe Blüten in den Büschen, die die starken Mauern der Häuser schmücken und Termiten, die an ihrem nächsten Großprojekt arbeiten, sowie an großen Löchern im Boden, in denen man die Rohre zur Wasserversorgung der Stadt entdecken kann. Fußgängerüberwege und Ampeln suchen wir so vergeblich wie Hinweisschilder auf Bushaltestellen. Dafür entdecken wir Straßen, die die Namen bekannter Physiker, wie Albert Einstein und Marie Curie, tragen.
Am Abend hat das Quest ein Welcome Dinner für uns und die Honor Students der North-West University organisiert. Professorin Susan Coetzee-Van Rooy und ihr Mann Professor Bertus Van Rooy der North West Vaal University empfangen uns zusammen mit ihrer Familie und einigen ihrer Studenten zum Abendessen. Floor, eine holländische Praktikantin von Frau Coetzee-van Rooy nimmt auch am Essen teil.
Wir sind zu einem Braai eingeladen; Braaivleis oder verkürzt braai bedeutet übersetzt „gebratenes Fleisch“ und ist ein traditionelles Barbecue. Dazu wird klassischerweise pap gereicht, ein fester, weißer Brei, der aus gemahlenem mileis (Mais) hergestellt wird. Dazu gibt es spinatähnliches morogo (wie es in der Sprache der Sotho heißt) oder imifino (in der Sprache der Zulu). Neben den zahlreichen Grillfleischvarianten wird grüner Salat serviert. Außerdem probieren wir südafrikanisches Lager-Bier. Während des Essens gibt es Gespräche über die südafrikanische Sprach(en)vielfalt und die soziopolitische Lage in der Region.
Bei der Vorstellungsrunde übersetzen die Honor Students ihre Namen ins Englische, sie bedeuten „Erfolg“ und „Fortschritt“. Keiner der deutschen Studenten ist sich der Bedeutung seines eigenen Namens bewusst. Als Verständigungssprache dient uns an diesem Abend Englisch, wenngleich jeder mit seinem individuellen Dialekt, da alle Anwesenden diese Sprache fließend beherrschen. Floor berichtet, dass sie aufgrund ihrer Muttersprache ungefähr 90 Prozent des gesprochenen Afrikaans versteht und mit Frau Coetzee-van Rooy auf Holländisch spricht, diese ihr aber auf Afrikaans antwortet. Die Honor Students geben uns einen Einsteigerkurs in Xhosa. Vergeblich, aber zur Freude aller, versuchen wir, die Klickgeräusche nachzuahmen.
Einige von uns führen eine angeregte Unterhaltung mit Harrie, dem Sohn von Frau Coetztee-van Rooy. Er spricht perfekt Englisch, laut eigener Aussage sogar besser als Afrikaans. Doch ist er nicht sonderlich stolz darauf, da Afrikaans seine Muttersprache ist. Er geht auf eine Afrikaans-Schule und auch in seinem Elternhaus wird Afrikaans gesprochen, doch beschäftigt er sich viel mit englischsprachigen Spielen und Serien. Außerdem hat er ein ausgeprägtes Interesse an Fremdsprachen.
Der Abend neigt sich dem Ende zu, als das köstliche Essen, das liebevoll für uns zubereitet wurde, verspeist ist und unsere Gäste langsam nach Hause aufbrechen. Wir bekommen eine Einladung, mit ihnen gemeinsam die Townships zu erkunden. Sie versichern uns, dass es sicher sei sie zu besuchen, solange ein Local dabei ist. Dieser Einladung werden wir, trotz der Warnungen über die wüsten Zustände, die in diesen ausschließlich von Schwarzen besiedelten Gegenden vorherrschen sollen, gern nachkommen.
Wir freuen uns auf die Zusammenarbeit in den kommenden zwei Wochen und sind gespannt, welche unterschiedlichen Sprachen und südafrikanischen Traditionen uns begegnen werden.
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Text: Katja Wiegand, Joana Schmidt und Isabel Dückert
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