Endlose, palmengesäumte Strände, azurblaues Wasser. Dazu märchenhafte Paläste und enge Gassen, in denen sich die süßen Düfte von gebrannten Mandeln, Zimt und Nelken verfangen. Sansibar frohlockt mit dem Traum einer heilen Inselwelt. Als Dr. Torsten Lipp im vergangenen Oktober gemeinsam mit seiner Kollegin Prof. Dr. Ariane Walz und der Doktorandin Birgit Zipf das Flugzeug Richtung Ostafrika bestieg, flogen genau diese Erwartungen mit. „Etwas naiv“, wie er heute sagt.
Der Geoökologe war allerdings auch nicht auf Urlaubstripp, sondern in wissenschaftlichem Auftrag unterwegs: auf „Fact finding mission Sansibar“. Eine Woche erkundete er gemeinsam mit Partnern vor Ort die Welt hinter der Reklame. Er sah, wie Müll und Abwasser in den Mangrovenwäldern entsorgt werden, wie die vielen Zuzügler Häuser und Brunnen ungesteuert in die Landschaft setzen und wie Salzwasser in das Grundwasser dringt. Dann wiederum erfuhr er, dass seit Jahren Plastiktüten auf dem Eiland verboten sind und die Einwohner erfolgreich Seegras auf dem Meeresboden anpflanzen und ernten. Licht und Schatten auf engstem Raum – umspült vom Indischen Ozean, der die zu Tansania gehörende Inselgruppe zu überschwemmen droht.
Die durch den DAAD und aus Mitteln des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung finanzierte Reise diente dem Ziel, mit Vertretern der Staatlichen Universität, der Verwaltung und von Nichtregierungsorganisationen Kooperationsmöglichkeiten auszuloten. Wie Torsten Lipp aus der AG Landschaftsmanagement des Instituts für Erd- und Umweltwissenschaften der Universität Potsdam sagt, resultiere dieser Kontakt aus der Klimapartnerschaft zwischen der Stadt Potsdam und Sansibar. Was liegt schließlich näher, als zwei Universitäten zu verzahnen, die ähnliche Themen bearbeiten. Künftig sollen Studierende hier wie dort Masterarbeiten zu Klima- und Umweltfragen Sansibars schreiben. „Wir haben etwa zehn Themen formuliert, aus denen sie auswählen können“, so Torsten Lipp. Es geht darin um den Meeresspiegelanstieg, die Siedlungsentwicklung, die Abfall- und Abwasserentsorgung, aber auch um Naturschutz und biologische Vielfalt. Dabei können die Studierenden durchaus positive Beispiele aufgreifen, wie das des nun erweiterten Jozani Forest Nationalparks, der den endemischen Stummelaffen mehr Lebensraum bietet als zuvor. „Durch die Affen entstehen, ähnlich wie bei uns in Brandenburg durch die Wölfe, jedoch Schäden für die Landwirte. Sie erhalten aus einem Fonds Ausgleichsummen. Denn die Affen halten sich nicht immer an Grenzen.“
Auch der verstärkte Zuzug der Menschen vom Festland passiert weitgehend ungesteuert. Familien bauen sich ihre Unterkünfte entlang der Straßen, aber ebenso in Plantagen und Wälder hinein. Dort graben sie ihre eigenen Brunnen. Das Grundwasser steigt, Salzwasser spült nach. Torsten Lipp erzählt von der ehemaligen deutschen Honorarkonsulin auf Sansibar, die drei Monate kein Wasser und keinen Strom für ihre Pension besaß. „Jetzt schloss sie ihr Haus mit am Brunnen des Nachbarn an.“ Der Wissenschaftler empfiehlt Gemeinschaftsbrunnen, an der richtigen Stelle gebaut. All diese Probleme seien der Verwaltung durchaus bekannt und es gebe auch die „Zanzibar’s Climate Change Strategie“, einen Kompass für den Wandel der Klimapolitik. Aber das eigentliche Problem stelle die Aufklärung der Bevölkerung und das fehlende Geld dar. Eine Möglichkeit für Finanzierungen seien Förderanträge bei der Weltbank, so Torsten Lipp. Gerade hat er der Verwaltung in Sansibar ein Förderprogramm von der Alexander von Humboldt-Stiftung zukommen lassen, das sich an Wissenschaftler aus Entwicklungsländern richtet. Die Potsdamer möchten sich vernetzen, aufklären, beraten, um so zur Rettung der Natur beizutragen. Torsten Lipp nennt Beispiele: eine Pflanzenkläranlage oder die Aufbereitung von Salz- zu Trinkwasser. Sie werden ihren afrikanischen Kollegen zur Seite stehen und selbst von ihnen lernen, von den so freundlichen Insulanern mit den langen Stränden und dem azurblauen Wasser. Letzteres wird immer wärmer. Bis 2050 steigt seine Temperatur um zwei Grad an, so die vage Prognose. Die Folgen dieses Trends sind schon spürbar: Das Seegras, das zu Seife und Textilien verarbeitet wird, leidet und muss immer tiefer auf dem Meeresboden angepflanzt werden.
Text: Heidi Jäger, Online gestellt: Agnes Bressa
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