Seit 2023 läuft in der deutschen Musikpädagogik ein einzigartiges Forschungsprojekt. Aus der Feststellung, dass die Zahlen an Bewerber*innen für Lehramtsstudiengänge Musik seit vielen Jahren rückläufig sind, entstand in der Fachcommunity das Bedürfnis, den Ursachen für diese Entwicklung auf den Grund zu gehen. So erging der Impuls an viele einzelne Standorte der musikpädagogischen Lehrer*innenbildung, vor Ort zu der Frage zu forschen, was (zukünftige) Studierende zu einem Lehramtsstudium Musik motiviert – oder davon abhält, sofern sie beispielsweise ein Lehramt für andere Schulfächer anstreben. Der Name des Gesamtvorhabens: MULEM-EX, griffige Abkürzung für Musiklehrer:innenmangel – Eine Explorative Studie.
Am Lehrstuhl für Musikpädagogik von Prof. Dr. Isolde Malmberg entstand die Idee, Studierende selbst mit eigenen Mikro-Studien in das Forschungsprojekt zu involvieren und dazu ein spezifisches Forschungsseminar einzurichten. Insgesamt zwölf Studierende engagieren sich seither für MULEM-EX: Jannika Brunn, Eliesabeth Fischer, Judy Fraaß, Dennis Haase, Conny Jakobs, Lisanne Napiwotzki, Simone Navarro Collazos, Ruben Petrick, Lilly Schmidt, Markus Weinheimer, Jennifer Wolf und Felix Wolff tragen mit wissenschaftlichen Seminar- und Masterarbeiten zum Gesamtvorhaben bei. Dazu führten sie Einzel- und Gruppeninterviews durch, etwa mit musikaffinen Lehramtsstudierenden im Bereich Primarstufe, Mitgliedern des Landesjugendorchesters und des Landesjugendchors Brandenburg, anderen jungen Instrumentalist*innen und Sänger*innen. Dabei erarbeiteten sie sich die Anwendung standardisierter Erhebungs- und Auswertungsmethoden wie Problemzentriertes Interview und Problemzentrierte Gruppendiskussion, Qualitative Inhaltsanalyse, Grounded Theory Methodology.
Mittlerweile liegen erste Ergebnisse vor. Bei der diesjährigen Fachtagung der Bundesfachgruppe Musikpädagogik (BFG), abgehalten vom 15. bis 17. Februar 2024 im nordrhein-westfälischen Siegburg, bestand die Gelegenheit, Erkenntnisse aus den Mikro-Studien einer breiten Fachöffentlichkeit vorzustellen. Die Uni Potsdam war auf dieser Tagung durch Conny Jakobs und Tobias Hömberg vertreten. Im Rahmen einer Präsentation erläuterte Conny Jakobs die Ansätze und Erträge der studentischen Mikro-Studien, zusammengefasst auf einem Forschungsposter. Daraus ergaben sich Anlässe, mit Kolleg*innen und Studierenden anderer Studienstandorte in Dialog zu gehen. Eine anschließende Fishbowl-Diskussion führte vielfältige Perspektiven und Frageaspekte zusammen. Auch die nachfolgenden Tage dienten der intensiven Beschäftigung mit Aspekten der Studienmotivation, für die etwa der erlebte Musikunterricht in der Oberstufe, die Anforderungen durch Eignungsprüfungen, aber auch die Gestaltung des Studiums selbst bedeutsam scheinen.
Die Gesamtergebnisse von MULEM-EX werden in einer Meta-Studie zusammengeführt, die im Frühjahr dieses Jahres öffentlich vorgestellt werden wird. Im nächsten Schritt gilt es, Maßnahmen zu diskutieren und zu installieren, mit denen neue zukünftige Lehrkräfte für das Fach Musik gewonnen werden können. Die Uni Potsdam ist dabei!