Unter dem Titel Klavier + Strom fand am 27. Juli 2022 im Kammermusiksaal des Musikhauses die Abschlusspräsentation des Praxisseminars Klavier+ / Klavier + digitales Instrument statt. Die künstlerische Leitung hatte der Hochschuldozent Jan Gerdes.
Den Impuls zu diesem Thema liefertenicht zuletzt die Entscheidung der Universität Potsdam, die zunehmend digitalen Musizierpraktiken angehender Studierender sowohl pädagogisch als auch künstlerisch durch ein neu eingeführtes künstlerisches Hauptfach Digitale Klanggestaltung (DK) abzubilden. So war die Lehrveranstaltung Klavier+ / Klavier + digitales Instrument gewissermaßen ein ‚Warm up‘ für das kommende Fach DK, das ab dem Wintersemester 2022/23 erstmals als künstlerisches Hauptfach an der Universität Potsdam studiert werden kann.
Im Zentrum des Seminars stand als praktisch-künstlerisches Projekt die Aufgabe, jeweils ein eigenes elektroakustisches Setup – bestehend aus elektronischem und akustischem Instrumentarium – zu gestalten, um es dann in einer hochschulöffentlichen Aufführung, von den Studierenden selbst moderiert, als Performance zu präsentieren. Musikalisch spannte sich ein weiter Bogen: von einer Eigenkomposition für Klavier von Maximilian Mandry in einem rhythmisch komplexen Arrangement mit elektronischem Zuspiel über improvisatorisch gestaltete Ambient Drones mit E-Bass von Lukas Haas bis zur elektronisch eingefärbten Cover-Version eines Popsongs durch Marcus Stevens.
In den weiteren Seminarsitzungen ab April 2022 wurden zusätzlich Klangbeispiele aus den Genres der elektronischen Musik, der elektronischen Clubmusik, der Neuen und experimentellen Musik sowie des elektronischen Pop vorgestellt. Außerdem gab es einige improvisatorische Übungen, in denen die Studierenden in einen musikalischen Dialog traten, um ihre musikalische Reaktionsfähigkeit und Kreativität zu fördern. Sichtbar wurde dabei, dass gerade experimentelle Klanggestalten die künstlerische Interaktion von Studierenden mit unterschiedlichem musikalischem Hintergrund ermöglichen. Darüber hinaus bilden diese eine wunderbare kreative Ressource für die Übertragung in elektronische bzw. digitale Musikproduktion.
Als Fazit ist anzumerken, dass es sehr sinnvoll ist, den Studierenden in Zukunft sowohl Lehrinhalte zu Anwendungen mit elektronisch-digitalem Instrumentarium als auch zur Improvisation anzubieten. Dies ermöglicht, bei unterschiedlichsten musikalisch- technologischen Vorkenntnissen der Teilnehmenden, einen sehr individuellen Zugang zum eigenen kreativen Potenzial und zum Kennenlernen neuer Technologien. Die Erweiterung der Hörerfahrungen stellt, gerade auch im Hinblick auf die inhaltliche Gestaltung des neuen Hauptfachs Digitale Klanggestaltung, eine zentrale Aufgabe dar. Daneben bedarf es eines ausreichend praktischen Anteils: Hier sollte es etwa darum gehen, technische Setups aufzubauen und eine Art Literatur- bzw. Repertoirekunde zu erwerben. Gerade das Fach Digitale Klanggestaltung bietet die Möglichkeit, Grenzen der musikalischen Sozialisation zwischen Popmusik und zeitgenössisch-experimenteller Musik zu überwinden und Stilmittel beider Welten künstlerisch und technologisch miteinander zu verbinden. Hier kann also akustisch-musikalisches Neuland betreten werden, um Grenzen der bisherigen musikalischen Kompetenzen auch experimentell zu erweitern und perspektivisch sogar Aspekte der elektronischen Komposition in den Blick zu nehmen.