Von der Entwicklung des ländlichen Afrikas gibt es gegensätzliche Vorstellungen: Einerseits wollen Regierungen und Naturschutzorganisationen die Savannenökosysteme schützen, um den Lebensraum und die Wanderungsgebiete von Tieren wie Elefanten und Löwen zu erhalten. Andererseits basiert die Nahrungsversorgung der Lokalbevölkerung auf Ackerbau, sodass ihre Ernährung – auch infolge des Klimawandels – in Zukunft nur mit einer intensiveren landwirtschaftlichen Nutzung sichergestellt werden kann. Da Trockengebiete die größte terrestrische Kohlenstoffsenke darstellen, haben diese Zukunftsvisionen wesentliche Auswirkungen auch auf die globale Kohlenstoffspeicherung. „Das Speicherpotenzial von Savannen war jedoch bisher nicht ausreichend erforscht und ihre Kohlenstoffdynamik im Hinblick auf Störungsfaktoren wie den Verbiss durch Elefanten, Holzeinschlag und Viehzucht nur unzureichend verstanden“, sagt die leitende Autorin Dr. Liana Kindermann.
Sie und ihr Team entwickelten eine Methode zur Abschätzung der Kohlenstoffspeicherung in solchen gestörten Ökosystemen und quantifizierten so den Kohlenstoff in Bäumen, Sträuchern und deren Wurzeln sowie den organischen Kohlenstoff im Boden. „Wir schauen uns anhand einiger repräsentativer Orte an, wie heutige Landnutzungsentscheidungen in der Zukunft die gesamte Landschaft verändern könnten. Diese Daten verarbeiten wir mit leistungsfähigen statistischen Modellen, um die Auswirkungen des zukünftigen Landnutzungswandels auf den oberirdischen Kohlenstoff und die Kohlenstoffspeicherung im gesamten Ökosystem zu bewerten“, sagt Liana Kindermann. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass die Störanfälligkeit verschiedener Kohlenstoffspeicher je nach Landnutzungsszenario sehr unterschiedlich ist“, betont sie.
Mit wachsender Wildtierdichte nimmt die oberirdische Kohlenstoffspeicherung in Sträuchern und Bäumen durchschnittlich um 14 bis 55 Prozent ab, mit intensiver Landwirtschaft sind es sogar 73 bis 94 Prozent Kohlenstoffverlust, verglichen zu Standorten mit geringer Störung. Der organische Kohlenstoffgehalt im Boden kann dagegen bei größeren Störungen sogar zunehmen, insbesondere wenn Pflanzenfresser wie Elefanten oberirdische Vegetation fressen und so Kohlenstoff in den Boden umverteilen. Dieser Prozess ist allerdings limitiert und kann nur funktionieren, solange die Vegetation stabil erhalten bleibt und nicht durch zu große Wildtierdichten zerstört wird. Für die landwirtschaftliche Nutzung ist der Kohlenstoffgehalt im Boden wichtig. Das lässt sich daran ablesen, dass bisherige Agrarflächen vornehmlich dort angelegt wurden, wo Böden bereits vorher mehr Kohlenstoff enthielten.
Entscheidungen darüber, wie die Landfläche – auch im Sinne des Artenschutzes – zukünftig genutzt werden soll, ändern die Funktionen und Ökosystemleistungen der Savanne. „Gelegentliche und lokalisierte Störungen der Vegetation durch große Pflanzenfresser und Weidewirtschaft wirkt sich positiv auf die Kohlenstoffspeicherung in der Savanne aus, wenn die Vegetation sich auch mal erholen kann. Extreme Eingriffe wie großflächige Rodung für die Landwirtschaft, aber auch konstant zu hohe Wildtierdichten, gefährden den Kohlenstoffkreislauf und bringen Nachteile für den Umweltschutz und die Lebensgrundlage der Menschen mit sich. Nachhaltige Strategien für die Landnutzung der Zukunft erfordern daher eine transparente Abwägung von solchen Zielkonflikten und nachhaltige Kompromisslösungen für alle“, fasst Kindermann zusammen.
Link zur Publikation: Kindermann, L., Sandhage-Hofmann, A., Amelung, W., Börner, J., Dobler, M., Fabiano, E. C., Meyer, M., Linstädter, A., 2025, Natural and human disturbances have non-linear effects on whole-ecosystem carbon storage in an African savanna, Global Change Biology, Volume 31, Issue 4, https://onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/gcb.70163
Abbildung 1: Zu- oder Abnahme des oberirdischen Kohlenstoffs in Bäumen und Sträuchern (AGC) und des unterirdischen Kohlenstoffs in Wurzeln (BGC) sowie des organischen Kohlenstoffs im Boden (SOC) je nach Landnutzungskonzept. Bild: Liana Kindermann.
Abbildung 2: Regierungen und Naturschutzorganisationen wollen Savannen-Ökosysteme schützen, um den Lebensraum bedrohter Tierarten wie der afrikanischen Elefanten zu erhalten. Foto: Liana Kindermann.
Kontakt:
Dr. Liana Kindermann
Institut für Biochemie und Biologie
E-Mail: Liana.kindermann@uni-potsdam.de