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Neue Erkenntnisse zur Nutzung von KI in der Medizin – Forschende zeigen Stärken und Schwächen beim Einsatz der Technologie

Medieninformation der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg, herausgegeben von der Universität Potsdam

19-12-2024 / Nr. 005

Bei medizinischen Entscheidungen hat sich der Einsatz von Künstlicher Intelligenz (KI) bereits als äußerst effizient erwiesen. Bisher wurde jedoch nicht systematisch untersucht, ob maschinengestützte Entscheidungen immer im Interesse der Patienten sind. Dieser Frage hat sich Christoph Wilhelm vom Harding-Zentrum für Risikokompetenz an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg in einer Übersichtsstudie gewidmet, deren Ergebnisse jetzt in The Lancet Regional Health – Europe, einem renommierten Ableger der medizinischen Fachzeitschrift The Lancet, veröffentlicht wurden. Gemeinsam mit anderen Forschenden konnte er zeigen, dass nur wenige der von ihnen untersuchten Studien die patientenrelevanten Vor- und Nachteile der KI-gestützten Behandlung qualitativ angemessen in den Blick nehmen. Hier bestehe dringender Forschungsbedarf, um das Wohl der Patienten zu gewährleisten.

Gemeinsam mit Prof. Dr. Anke Steckelberg von der Universität Halle und Dr. Felix G. Rebitschek, wissenschaftlicher Leiter des Harding-Zentrums, hat Christoph Wilhelm über 2500 Studien zu KI in der medizinischen Behandlung ausgewertet. Dabei wurden disziplinübergreifend Artikel aus den zurückliegenden zehn Jahren analysiert, die sich mit KI-gestützten Entscheidungen im Gesundheitswesen befassen. Letztlich enthielten nur 19 Veröffentlichungen die erforderlichen Informationen über den patientenrelevanten Nutzen und Schaden. Das Forschungsteam konnte nachweisen, dass sich die große Mehrzahl der untersuchten Studien eher mit der Effizienz und Leistungsfähigkeit der benutzten KI-Systeme befasste, dabei aber meist keine Aussage über das Wohlergehen der Patienten oder den Nutzen für die Behandelnden traf. Christoph Wilhelm erklärt, dass seine Ergebnisse „den dringenden Bedarf an rigorosen Einschätzungen von Nutzen und Schäden bei der Integration von Künstlicher Intelligenz in der Medizin unterstreichen“.

Das Team um Wilhelm entdeckte jedoch auch einige Positivbeispiele. So haben Dr. David Shimabukuro und Kollegen 2017 gezeigt, dass man mittels eines KI-Systems zur Vorhersage schwerer Blutvergiftungen die Sterblichkeitsrate der Patienten von 21,3 % auf 9 % senken konnte. In einer anderen Studie konnte eine KI Depressionspatienten auf sie persönlich zugeschnittene Therapien zuweisen und so eine größere Besserung ihrer Symptome im Vergleich zur Standardtherapie erreichen. Insgesamt seien das jedoch Ausnahmen. Die Einhaltung strenger methodischer Standards sowie eine transparente richtlinienbasierte Berichterstattung seien unabdingbar, um die langfristige und sinnvolle Integration von KI in die Medizin sicherzustellen, so Wilhelm.

In den letzten Jahren hat die Nutzung von KI in der Medizin enorm zugenommen. Dies liegt an technologischen Fortschritten in der Datensammlung und -verarbeitung sowie dem maschinellen Lernen generell. Aber auch die großen Datenmengen, die in der Forschung und im klinischen Betrieb regelmäßig anfallen, machen den Einsatz von KI äußerst attraktiv. KI-Systeme können diese Daten – wie Patientenakten, Genomsequenzen oder klinische Studien – deutlich effektiver sortieren, analysieren und nach Mustern untersuchen. Dieser Prozess wurde durch die Covid-19-Pandemie noch weiter beschleunigt, erklärt Christoph Wilhelm: „KI spielte eine zentrale Rolle bei der Impfstoffentwicklung, beispielsweise für mRNA-Technologien, und bei der Analyse epidemiologischer Daten.“

Link zur Studie: https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S2666776224003144

Kontakt: Christoph Wilhelm, Harding-Zentrum für Risikokompetenz an der Fakultät für Gesundheitswissenschaften
Telefon: 0331 977-9257
E-Mail: christoph.wilhelmuni-potsdamde
Internet: www.hardingcenter.de

Pressekontakt: Florian Dönau / Antje Horn-Conrad
Universität Potsdam/Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg
Referat Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Tel.: +49 331 977-1474
E-Mail: presseuni-potsdamde

Das Harding-Zentrum für Risikokompetenz
Das Primärziel des Harding-Zentrums ist die Verbesserung von Risikokommunikation und Risikokompetenz auf nationaler und internationaler Ebene, insbesondere in den Bereichen Gesundheit und Digitalisierung. Dazu erforscht ein interdisziplinäres Team Risikokommunikation, entwickelt innovative Methoden, um diese zu verbessern und bietet Schulungen für Ärztinnen und Ärzte, medizinisches Personal, Richter(innen) und Journalist(innen) an. Des Weiteren hat das Zentrum die Fehlerkultur von Manager(innen) und Behördenmitarbeiter(innen) untersucht und gemeinsam mit ihnen Maßnahmen zur Verringerung von defensiven Entscheidungen und zur Verbesserung der Risikokommunikation entwickelt. Für Krankenversicherungen (z.B. AOK, Helsana) und mit Behörden (z.B. Robert Koch-Institut, Bundesinstitut für Risikobewertung) hat das Zentrum Faktenboxen und andere leicht verständliche Gesundheitsinformationen entwickelt. Der Fokus jüngster Forschung liegt auf der künstlichen Intelligenz in der Medizin sowie der Gesundheitsaufklärung für vulnerable Bevölkerungsgruppen.

Die Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg
wurde 2018 als gemeinsame Fakultät der Universität Potsdam, der Medizinischen Hochschule Brandenburg Theodor Fontane und der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus-Senftenberg gegründet, um neuartige medizinische, pflegerische und medizintechnische Versorgungsangebote sowie innovative Studiengänge zu entwickeln. In Kooperation mit weiteren Hochschulen und Forschungseinrichtungen trägt die Fakultät zur Verbesserung der medizinischen Versorgung im Flächenland Brandenburg bei. 
www.fgw-brandenburg.de

Medieninformation der Fakultät für Gesundheitswissenschaften Brandenburg, herausgegeben von der Universität Potsdam
19-12-2024 / Nr. 005