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Flutkatastrophe 2021 – Projektergebnisse zu den Auswirkungen, zur Warnsituation und zum Stand des Wiederaufbaus in den Landkreisen

Blick über einen Fluss, der eine Überquerung weggerissen hat.
Foto : Philip Bubeck
In den Projekten "KAHR" und "HoWas2021" untersuchen Forschende, welche Lehren man aus dem Jahrhunderthochwasser ziehen kann und wie sich derart verheerende Schäden künftig vermeiden lassen.

Das verheerende Starkregen- und Hochwasserereignis vom Juli 2021 lässt die Betroffenen nicht los. Das zeigen Studien der Arbeitsgruppe Geographie und Naturrisikenforschung an der Universität Potsdam. Die Forschenden haben direkt nach den Ereignissen sowie im Jahr darauf Befragungen zur Warnsituation im Juli 2021, zu den Auswirkungen des Hochwassers und zum Stand des Wiederaufbaus durchgeführt. Deren Ergebnisse wurden in Steckbriefen für die Landkreise zusammengestellt und nun veröffentlicht. Diese machen deutlich, dass in einigen der Gebiete die Menschen unzureichend gewarnt wurden. Zudem zeigen die Befragungen von 2022, dass viele Betroffene bis heute unter den Folgen der Ereignisse leiden – materiell, aber auch gesundheitlich.

Diese Woche jährt sich das verheerende Starkregen- und Hochwasserereignis vom Juli 2021 zum zweiten Mal. Das Ahrtal in Rheinland-Pfalz (RLP) und Teile Nordrhein-Westfalens (NRW) waren von davon besonders stark betroffen. In der Folge starben alleine in Deutschland fast 190 Menschen. Der entstandene Sachschaden wird auf über 33 Milliarden Euro geschätzt. Studien über den Verlauf der Flutkatastrophe und des Krisenmanagements können dabei helfen, Schwachstellen zu identifizieren und Handlungsempfehlungen für zukünftige Ereignisse zu entwerfen. Die Arbeitsgruppe Geographie und Naturrisikenforschung unter Leitung von Prof. Annegret Thieken am Institut für Umweltwissenschaften und Geographie der Universität Potsdam beteiligt sich im Rahmen zweier durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderter Projekte an einer forschungsorientierten Aufarbeitung der Ereignisse und Auswirkungen des Hochwassers.

Im Projekt „HoWas2021“ liegt der Fokus auf der Governance und Kommunikation des Hochwasserereignisses, insbesondere auf der Wahrnehmung der Warnsituation durch die Bevölkerung. Die Fragestellung: Wann und auf welchem Wege wurden die Betroffenen gewarnt? Wie gut wurden die Warninformationen verstanden? Direkt im Anschluss an das Starkregen- und Hochwasserereignis startete die Forschungsgruppe dazu eine Onlinebefragung in den betroffenen Gebieten. Insgesamt nahmen 1.351 Personen teil, davon 894 aus NRW und 424 aus RLP. Die meisten Befragten kamen aus den besonders stark betroffenen Landkreisen Ahrweiler in RLP sowie Euskirchen, dem Rhein-Sieg-Kreis, der StädteRegion Aachen und dem Rhein-Erft-Kreis in NRW. Die Auswertung zeigt, dass durchschnittlich etwa ein Drittel der Befragten gar keine Warnung erhalten hatte, wobei dieser Wert stark zwischen den verschiedenen Landkreisen variiert. Die Schwere des Ereignisses war aber auch vielen Gewarnten unklar.

Im Rahmen des zweiten Projektes „KAHR“ (Klimaanpassung, Hochwasser und Resilienz), das die Wiederaufbauprozesse wissenschaftlich begleitet, wurde im Sommer 2022 eine Befragung im Landkreis Ahrweiler durchgeführt. In Kooperation mit dem Institut für Raumordnung und Entwicklungsplanung der Universität Stuttgart und dem Landkreis Ahrweiler wurden private Haushalte zur persönlichen Betroffenheit, zur Erholung, mentalen Gesundheit, sozialen Vulnerabilität und zum Hochwasserrisikomanagement befragt. Von 5.250 zufällig kontaktierten Haushalten, die nach der Flut Soforthilfe beantragt hatten, haben 516 Personen an der Befragung teilgenommen. Die Ergebnisse zeigen, dass sie das Flutereignis auch ein Jahr danach noch stark belastet: Neben hohen finanziellen Schäden und denen an Gebäuden und Hausrat, die beim Großteil der Befragten auch ein Jahr später nicht ersetzt bzw. repariert werden konnten, gaben 15,2 Prozent an, dass sie immer noch nicht in ihr Haus zurückkehren konnten. Zudem zeigten 28 Prozent der Befragten Anzeichen einer posttraumatischen Belastungsstörung – ein sehr hoher Prozentsatz im Vergleich zum Anteil in der Gesamtbevölkerung in Deutschland.

Die Arbeitsgruppe um Annegret Thieken hat die zentralen Ergebnisse beider Studien in übersichtlichen Steckbriefen zusammengefasst und veröffentlicht. Für Ahrweiler, Euskirchen, den Rhein-Sieg-Kreis, die StädteRegion Aachen und den Rhein-Erft-Kreis stehen die Ergebnisse der Kurzbefragung zur Warnsituation auf Landkreisebene bereit. Die Befragung zu Auswirkungen und Wiederaufbau im Ahrtal wurde separat aufbereitet. Alle Steckbriefe bieten neben den Ergebnissen auch Handlungsempfehlungen für die Hochwasservorsorge und das Verhalten im Notfall. Das Team bedankt sich an dieser Stelle herzlich bei allen, die sich die Zeit genommen haben, an den Befragungen teilzunehmen und ihre Erlebnisse zu teilen.

Aktuell ist im Projekt „HoWas2021“ eine weitere Befragung im Herbst 2023 geplant. Es geht darum, herauszufinden, welche Teile einer Hochwasserwarnung optimiert werden können, um so die Warnung verständlicher zu gestalten. Die Ergebnisse werden als Handlungsempfehlung für Behörden mit Warnauftrag veröffentlicht.

Im Projekt „KAHR“ wird gegenwärtig eine zweite Haushaltsbefragung ausgewertet, die im Landkreis Ahrweiler gemeinsam mit dem Deutschen Geoforschungszentrum (GFZ), der Deutschen Rückversicherung und dem Landkreis Ahrweiler zu gesundheitlichen und finanziellen Hochwasserauswirkungen und Einflussfaktoren, Erholung, Wiederaufbau und Vorsorgeverhalten durchgeführt wurde. Diese Befragung wurde auch in NRW durchgeführt. Darüber hinaus sind Folgebefragungen für das Jahr 2024 geplant, um zeitliche Veränderungen der Auswirkungen und des Wiederaufbaus zu untersuchen.

Link zu den Steckbriefen: https://hochwasser-kahr.de/index.php/de/informationen#info_06

Link zum Projekt „HoWas2021“: https://www.uni-potsdam.de/de/umwelt/forschung/ag-geographie-und-naturrisikenforschung/forschungsprojekte/howas2021

Link zum Projekt „KAHR“: https://www.uni-potsdam.de/de/umwelt/forschung/ag-geographie-und-naturrisikenforschung/forschungsprojekte/a16

Kontakt:
Prof. Dr. Annegret Thieken, Institut für Umweltwissenschaften und Geographie
Tel.: 0331 977-2984
E-Mail: annegret.thiekenuni-potsdamde

Dr. Anna Heidenreich, Institut für Umweltwissenschaften und Geographie
Tel.: 0331 977-2304
E-Mail: annaheidenreichuni-potsdamde

Medieninformation 11-07-2023 / Nr. 077

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Annegret Thieken
Telefon 0331 977-2984
Anna Heidenreich
Telefon 0331 977-2304

Online-Redaktion

Matthias Zimmermann