„Überall auf der Welt füllen NGOs Lücken, die entstehen, wenn der Staat sich aus dem Bildungsbereich zurückzieht“, sagt Nina Kolleck. „Doch welche Rolle sie spielen und wie sie Bildung prägen, wissen wir noch kaum.“ Tatsächlich knüpfen NGOs vielerorts sogar Netzwerke, um Bildung gemeinsam zu gestalten. Ein Beispiel ist „Teach for all“, in dem sich NGOs aus über 50 Ländern mit dem Ziel zusammengeschlossen haben, um die Bildungssysteme weltweit radikal zu verändern.
Mithilfe des ERC Starting Grants will die Bildungs- und Politikwissenschaftlerin diesen Wandel genauer untersuchen. „In einer Zeit zunehmender Ungleichheit hoffe ich, dass das Projekt dazu beitragen wird, den Einfluss neuer Akteure im Bildungswesen zu beleuchten und Chancengleichheit weltweit zu stärken.“
In ihrem Projekt wird die Wissenschaftlerin den Einfluss transnationaler NGOs auf der Grundlage sozialer Beziehungen und Kommunikationsflüsse bewerten. Um die in der Bildung entstehenden „globalen nichtstaatlichen Räume“ vermessen zu können, hat Nina Kolleck eigens einen neuen methodischen Ansatz entwickelt. Dabei kombiniert sie u.a. quantitative Befragungen mit der Auswertung von Daten aus Social-Media-Plattformen wie Twitter sowie Techniken der Artificial Intelligence zur Interpretation von Textdaten – um so die strukturelle als auch ideelle Ebene in die Analyse zu integrieren. „Ich gehe davon aus, dass wir den Einfluss von NGOs im Bildungsbereich erst dann verstehen können, wenn wir beide Ebenen miteinander verbinden“, so die Forscherin. „Zudem denke ich, dass unsere sehr interdisziplinär angelegte Methodik künftig auch in anderen Politik- und Forschungsbereichen anwendbar sein wird, etwa der Gesundheitspolitik, der globalen Umweltpolitik oder der Menschenrechte.“
Prof. Dr. Nina Kolleck ist Professorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie an der Universität Potsdam. Zuvor war sie von 2014 bis 2019 Professorin für Bildungsforschung, SP Modellierung und Analyse sozialer Systeme an der Freien Universität Berlin und von 2019 bis April 2023 Professorin für Politische Bildung und Bildungssysteme, Institut für Politikwissenschaft an der Universität Leipzig. Außerdem war sie Gastprofessorin an der University of California Berkeley, der University of British Columbia in Vancouver, der Hebrew University of Jerusalem und der Tel Aviv University. Zu ihren Forschungsschwerpunkten gehören u.a. Bildungspolitik und -gerechtigkeit, Extremismus, Demokratie- und Klimabildung, Sozialisation und soziale Beziehungen, Entwicklungs- und Jugendforschung, sowie Techniken der sozialen Netzwerkanalyse.
Kontakt:
Prof. Dr. Nina Kolleck, Professorin für Erziehungs- und Sozialisationstheorie
Telefon: 0331 977-2176
E-Mail: nina.kolleckuuni-potsdampde
Foto: Prof. Dr. Nina Kolleck und Dr. Ronny Patz. Foto: Thomas Roese
Medieninformation 05-07-2023 / Nr. 075