Die Studie der Universität Potsdam und der IOM zeigt, wie viele Migrantinnen und Migranten durch die Sprachbarriere auf der Strecke bleiben. Allein die Übersetzung von Werbung in den Sozialen Medien in die Herkunftssprache der Zuwanderinnen und Zuwanderer steigerte das Interesse an COVID-19-Impfterminen deutlich. Bei arabischsprachigen Zielgruppen nahm die Resonanz um 133 Prozent zu, bei russischsprachigen um 76 Prozent und bei türkischsprachigen um 15 Prozent. „Würde man den Übersetzungseffekt auf alle staatlichen Kommunikationsmaßnahmen übertragen“, erläutert der Sozialwissenschaftler, „könnte die Impfrate unter den Zuwanderinnen und Zuwanderern um durchschnittlich 14 Prozentpunkte erhöht werden.“ Damit könnten wohlmöglich Impflücken gänzlich geschlossen werden, vermuten die Sozialforscher.
Bisher fehlte in Deutschland eine solide Datenbasis zum Impfverhalten von Zuwanderern. Die jetzt vorgelegte Studie der Universität Potsdam nimmt diese Gruppen erstmals in den Blick. Dabei haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler eng mit dem Gesundheitsamt in Berlin-Neukölln zusammengearbeitet. Der Bezirk hofft, von den neuen Forschungsergebnissen zu profitieren und die vielfältige Bevölkerung besser zu erreichen. „Die Arbeit vor Ort ist der Goldstandard“, sagt der Leiter des Gesundheitsamtes in Neukölln, Dr. Nicolai Savaskan. „Doch Online-Kampagnen können Lücken schließen und die Gesundheitskommunikation zielgruppenspezifisch unterstützen.“
Die Ergebnisse zeigen auch, dass, entgegen Annahmen in der Forschungsliteratur, Zugewanderte durchaus Vertrauen in Behörden haben. Kommunikation durch offizielle Regierungsvertreter erzeugten eine höhere Resonanz auf Facebook als Ärzte, Familien oder religiöse Autoritäten.
Die Studie wurde auf Facebook durchgeführt und basiert auf einer Reihe von sogenannten AB-Tests, bei denen verschiedene Kampagneninhalte miteinander verglichen werden können. Zuvor haben die Autoren die Inhalte anhand von qualitativen Interviews und einer Fokusgruppe mit lokalen Akteuren, die mit Migrantengemeinschaften in Berlin arbeiten, abgestimmt.
Zur Veröffentlichung:https://gmdac.iom.int/promoting-covid-19-vaccination-uptake-among-migrant-communities-social-media-evidence-germany
Kontakt: Prof. Dr. Jasper Tjaden, Professor für angewandte Sozialforschung und Public Policy
Telefon: 0331 977-3418
E-Mail: jasper.tjadenuuni-potsdampde
Medieninformation 11-02-2022 / Nr. 012