Das internationale Team von Astronomen und Astrophysikern unter Leitung der University of Warwick entdeckte ein seltenes Doppelsternsystem, das auf eine Supernova zusteuert. Die tragische Tropfenform des Systems wird durch einen massereichen Weißen Zwerg in der Nähe verursacht, der den anderen Stern mit seiner intensiven Schwerkraft verzerrt, was auch der Katalysator für eine eventuelle Supernova sein wird. Das Sternsystem gehört damit zu den wenigen bereits entdeckten, in denen eines Tages ein Weißer Zwergstern seinen Kern wieder entzünden wird.
Das Doppelsternsystem HD265435 befindet sich in etwa 1.500 Lichtjahren Entfernung und besteht aus einem Heißen Unterzwergstern und einem Weißen Zwergstern, die sich in etwa 100 Minuten eng umkreisen. Weiße Zwerge sind „tote“ Sterne, die ihren gesamten Brennstoff verbrannt haben und in sich zusammengefallen sind, was sie klein und extrem dicht macht. Man geht davon aus, dass eine Supernova vom Typ Ia entsteht, wenn der Kern eines Weißen Zwergsterns wieder aufflammt und eine thermonukleare Explosion auslöst. Es gibt zwei Szenarien, in denen dies geschehen kann. Im ersten Fall gewinnt der Weiße Zwerg genug Masse, um das 1,4-Fache der Sonnenmasse zu erreichen, was als Chandrasekhar-Limit bekannt ist. HD265434 passt in das zweite Szenario, bei dem die Gesamtmasse eines Sternsystems aus mehreren Sternen nahe oder über dieser Grenze liegt. Bisher wurden nur wenige andere Sternsysteme entdeckt, die diesen Grenzwert erreichen und zu einer Supernova vom Typ Ia führen werden.
Hauptautorin Dr. Ingrid Pelisoli von der University of Warwick, Fachbereich Physik erklärt: „Wir wissen nicht genau, wie diese Supernovae explodieren, aber wir wissen, dass es geschehen muss, weil wir sehen, dass es anderswo im Universum passiert. Eine Möglichkeit ist, dass der Weiße Zwerg genug Masse aus dem Heißen Unterzwerg akkumuliert. Während die beiden einander umkreisen und sich annähern, beginnt Materie aus dem Heißen Unterzwerg zu entweichen und auf den Weißen Zwerg überzugehen. Eine andere Möglichkeit ist, dass sie Energie durch Gravitationswellenemissionen verlieren und sich dadurch näher kommen, bis sie verschmelzen. Sobald der Weiße Zwerg bei beiden Methoden genug Masse gewinnt, wird er zur Supernova.“
Von 2018 bis 2020 war die Astrophysikerin Ingrid Pelisoli an der Universität Potsdam in der Arbeitsgruppe von Prof. Stephan Geier tätig. Auch er freut sich über die gelungene Beobachtung: „Die charakteristische Tränenform dieses Doppelsternsystems führt zu einer ebenso typischen Variation seiner Helligkeit. Diese Variation ist allerdings meist so klein, dass sie mit bodengebundenen Teleskopen nur schwer aufzuspüren ist. Die deutlich bessere Sensitivität des TESS-Weltraumteleskops ermöglichte uns diese Entdeckung.“ Ihre Forschung wurde von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) und dem Science and Technology Facilities Council (UK) gefördert.
Link zur Publikation: Ingrid Pelisoli et al., A hot subdwarf–white dwarf super-Chandrasekhar candidate supernova Ia progenitor, Nature Astronomy, 2021. https://www.nature.com/articles/s41550-021-01413-0
Abbildung: Künstlerische Darstellung des HD265435 Systems in 30 Millionen Jahren, mit dem kleineren Weißen Zwergstern, der den Heißen Unterzwergstern zu einer Tränenform verzerrt. Bildrechte: University of Warwick/Mark Garlick
Kontakt:
Prof. Dr. Stephan Geier, Institut für Physik und Astronomie, Tel.: 0331 977-230151, sgeieruastro.physik.uni-potsdampde
Dr. Ingrid Pelisoli, University of Warwick, Department of Physics, Tel.: +44 024 765 23965 Ingrid.Pelisoliuwarwick.acpuk
Medieninformation 13-07-2021 / Nr. 058