Ökologen beschäftigen sich unter anderem mit sogenannten Räuber-Beute-Zyklen. Das bedeutet, dass die Zahl der Raubtiere und ihrer Beute, wie Luchse und Hasen, durch regelmäßige Schwingungen gekennzeichnet ist. Derartige Schwingungen können zeitweilig durch zufällige Schwankungen aus dem Takt geraten. Jetzt konnte gezeigt werden, dass sie anschließend jedoch von selbst wieder in Gang kommen können. Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam, zu dem auch PD Dr. Guntram Weithoff und Prof. Dr. Ursula Gaedke von der Universität Potsdam gehören, hat diese Schwingungen in einem Langzeitexperiment mit kurzlebigen Arten – Rädertierchen und Algen – untersucht. Ihre neuesten Forschungsergebnisse sind jetzt in der Fachzeitschrift „Nature“ veröffentlicht worden.
Begonnen haben die experimentellen Arbeiten schon im Jahr 2000 an der Universität Potsdam. In mehreren experimentellen Reihen haben die Forscher Räuber-Beute Dynamiken untersucht. „Wir haben, bezogen auf die Anzahl von Räuber-Beute-Zyklen, die längste bekannte Zeitreihe“, sagt Guntram Weithoff. Die Zyklen beruhen auf einer Fraßbeziehung zwischen zwei Arten: Wenn sich die Beutetiere stark vermehren, erhöht sich auch die Zahl der Räuber, bis sie so viele Beutetiere fressen, dass deren Zahl wieder sinkt. Später werden auch die Raubtiere weniger, weil sie verhungern, was zur Vermehrung der Zahl der Beute führt, und ein neuer Zyklus beginnt. In den Experimenten waren Rädertiere die Räuber und Grünalgen die Beute. Die Zahl der Algen wie der Rädertierchen schwankte mit einer Periode von 6,7 Tagen, die der Rädertiere allerdings zeitlich um rund 40 Stunden versetzt. Die Forscherinnen und Forscher beobachteten die beiden Populationen über einen Zeitraum von rund einem Jahr, in mehr als 50 Zyklen und rund 300 Generationen der Rädertierchen.
Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler konnten zeigen, dass die in der Theorie vorausgesagten Zyklen tatsächlich experimentell über 50 Zyklen selbsterhaltend sind. Im Verlauf der langen Zeitreihen kam es jedoch auch zu Unterbrechungen der regulären Zyklen, aber bemerkenswerterweise kehrte das System anschließend zu den regelmäßigen Zyklen zurück. „Dies deutet daraufhin, dass solche Zyklen stark autonom aus sich heraus angetrieben werden“, so Ursula Gaedke. Mithilfe der mathematischen Analysen und Simulationen konnte das System besser beschrieben und verstanden werden. So ist es nun möglich, die Modelle in angepasster Weise auf andere Räuber-Beute-Zyklen anzuwenden. Die experimentellen Arbeiten sind in Potsdam durchgeführt worden. Die mathematischen Analysen setzte vor allem Bernd Blasius an der Universität Oldenburg fort. Es handelt sich um ein interdisziplinäres Projekt der Biologie und Physik an der Universität Potsdam mit den Universitäten Oldenburg und McGill Montreal.
Kontakt: Prof. Dr. Ursula Gaedke, PD Dr. Guntram Weithoff, Institut für Biochemie und Biologie
Telefon: 0331 977-1900, -1949
E-Mail: gaedkeuuni-potsdampde, weithoffuuni-potsdampde
Internet: B. Blasius, L. Rudolf, G. Weithoff, U. Gaedke, G.F. Fussmann: „Long-term cyclic persistence in an experimental predator-prey system“, Nature 2019, doi 10.1038/s41586-019-1857-0
Foto: Der Räuber Brachionus calyciflorus und die Beute, die Alge Monoraphidium minutum (Foto: Guntram Weithoff)
Medieninformation 20-12-2019 / Nr. 171
PD Dr. Guntram Weithoff, Dr. Barbara Eckardt
Universität Potsdam
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