Ein internationales Team von Geologen unter Federführung des Doktoranden Jürgen Mey von der Universität Potsdam hat neue Daten für eine Abschätzung der Hebung der Alpen seit dem Rückzug des Eises von seiner Maximalausdehnung vor etwa 21.000 Jahren vorgelegt. Die Ergebnisse ihrer Studie konnten sie jetzt im Wissenschaftsmagazin „Nature Communication“ veröffentlichen.
Die Änderung des Volumens großer kontinentaler Eismassen verursacht neben den allgemein bekannten Meeresspiegelschwankungen auch Hebungs- und Senkungsbewegungen des Festlandes. Unter dem Gewicht des Eises kommt es zum Absinken der Erdoberfläche in der betroffenen Region und nach dem Abschmelzen hebt sich das Land wieder. Dieses Phänomen nennt man Glazialisostasie. Während des letzten glazialen Maximums, das heißt am Ende der letzten Eiszeit vor ca. 21.000 Jahren, betrug die Subsidenz, also das Absinken, in den Regionen der großen Eisschilde Nordamerikas oder Skandinaviens bis zu einem Kilometer. Heute noch lassen sich dort Hebungsraten von mehr als einem Zentimeter pro Jahr messen, die auf die Eisentlastung zurückgehen.
Auch die Alpen waren zur damaligen Zeit nahezu komplett von Eis bedeckt und somit wird seit einem halben Jahrhundert darüber debattiert, wieviel der heutzutage gemessenen Hebung von ein bis drei Millimeter pro Jahr auf das Verschwinden des Eises zurückgeht. Die Schwierigkeit dieser Frage ist zum einen darin begründet, dass die Alpen durch tektonische Kräfte entstanden sind, die möglicherweise immer noch zur Hebung beitragen. Zum anderen ist in Gebieten mit großen Höhenunterschieden auch verstärkt Erosion aktiv. Sofern nun das erodierte Material aus dem Gebirge heraustransportiert wird, hat das denselben Effekt wie das Abschmelzen des Eises, nämlich eine durch Gewichtsentlastung erzeugte Hebung.
Einem internationalen Team von Wissenschaftlern unter Federführung des Geologen Jürgen Mey von der Universität Potsdam ist es nun gelungen, diese Frage zu klären. In ihrer Studie, die im Wissenschaftsmagazin „Nature Communication“ erschien, erzeugten sie ein Computermodell der alpinen Eiskappe und bezifferten deren Masse mit 62.000 Gigatonnen. Die Masse des durch Erosion abgetragenen Materials betrug hingegen nur 4000 Gigatonnen, was bereits die Dominanz der Glazialisostasie nahelegt. Demnach gehen 90 Prozent der geodätisch ermittelten Gesteinshebung in den Alpen auf das Rückschmelzen der Gletscher am Ende der letzten Eiszeit zurück. Diese Erkenntnis steht im direkten Gegensatz zur bisherigen Annahme, dass die Erosion für den größten Teil der Hebung verantwortlich sei. Damit ergeben sich weitreichende Konsequenzen für die Interpretation rezenter Bewegungen entlang von anderen Gebirgsgürteln, die während der letzten Eiszeit vergletschert waren.
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Quellen/ Verweise:
Mey et al.:
Mey, J., Scherler, D., Wickert, A.D., Egholm, D.L., Tesauro, M., Schildgen, T.F., Strecker, M.R. Glacial isostatic uplift of the European Alps. Nat. Commun. 7, 13382 doi: 10.1038/ncomms13382 (2016).
Medieninformation 11-11-2016 / Nr. 164
Antje Horn-Conrad
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