Auslandssemester an der Nottingham Trent University
Schon zu Beginn meines Studiums war mir klar: Ich möchte ins Ausland. Am Liebsten ins Vereinigte Königreich. Um ehrlich zu sein war das sogar einer der Gründe, warum ich mich für das Studium in Anglistik und Amerikanistik entschieden habe. Ich wollte einfach mal raus aus dem Trott meines Heimatlandes und eine andere Kultur und andere Menschen kennenlernen.
Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes
Bei der ersten Erasmus Veranstaltung im November 2017 bekamen wir alle Informationen, die wir brauchten, um unsere Bewerbungen für die Gastuniversitäten zu schreiben. Anhand des Leitfadens war leicht zu erkennen, welche Unterlagen wann und wo abzugeben waren und wann wir das Entscheidungsergebnis erhalten würden. Meine Wahl fiel sehr schnell auf die Nottingham Trent University in Nottingham, England. Das lag zum einen an dem großen Angebot an Kursen und Freizeitangeboten, die ich an dieser Uni belegen konnte, zum anderen an der Lage und Anbindung der Stadt, die es ermöglichen, am Wochenende und an freien Tagen unter der Woche Ausflüge in die Umgebung zu machen.
Nach dem Schreiben und Abschicken der Bewerbung kam eine scheinbar unendliche Zeit des Wartens auf mich zu. Bewerbungsschluss war im Januar, die Benachrichtigungen, ob wir angenommen waren, wurden aber erst im März verschickt. Wenn man sich wirklich auf etwas freut und es unbedingt möchte, können zwei Monate eine ganz schön lange Zeit sein. Aber das Warten hatte sich gelohnt, denn ich wurde bei meinem Erstwunsch, der Nottingham Trent University, angenommen.
Sofort nachdem ich den Platz angenommen hatte, wurden mir von der Erasmuskoordinatorin der NTU die wichtigsten Unterlagen, wie Kursübersicht und die allgemeine Universitätsbestimmung, per E-Mail zugeschickt. Von jetzt an konnte ich alle Unterlagen per E-Mail versenden, was die Kommunikation zwischen mir und der Gastuniversität unheimlich erleichterte. Schnell durfte ich mir meine Kurse aussuchen, die auf Anhieb von der Uni Potsdam und der NTU akzeptiert wurden.
In den Monaten zwischen meiner Annahme und der Abreise nach England wurde ich von der Erasmuskoordinatorin meiner Gastuniversität über sämtliche Änderungen und wichtige Studieninformationen per E-Mail in Kenntnis gesetzt. Mein Learning Agreement musste geändert werden, da ein Modul aus dem Modulhandbuch nicht angeboten werden konnte, aber auch das ging problemlos. Nun stand meiner Abreise nichts mehr im Weg.
Die erste Woche an der NTU
Ich kam eine Woche vor Kursbeginn, rechtzeitig zur Welcome Week, in Nottingham an. Die Welcome Week war eine erste Möglichkeit, die anderen Studierenden kennenzulernen und mich mit den Gebäuden und den beiden Campus, auf denen ich Unterricht haben würde, vertraut zu machen. Gleich bei der ersten Veranstaltung erhielt ich meinen Studentenausweis, der mir Zugang zu allen Unterrichtsgebäuden, den Bibliotheken und dem universitätseigenen Fitnessstudio ermöglichen würde. Er diente darüber hinaus als Geldkarte, mit der Druckaufträge, Essen und Busfahrten bezahlt werden konnten, und war bereits mit einem Startguthaben von £20 aufgeladen. Ich nahm darüber hinaus das Angebot an, mich bei einem Campusarzt zu registrieren, sollte es jemals zu einem Unfall oder einer schlimmeren Erkrankung kommen. Die Registrierung und Beratung beim Campusarzt ist kostenlos, bezahlt werden müssen allerdings verschriebene Medikamente, die ich glücklicherweise nicht in Anspruch nehmen musste.
Von Campustouren und Stadtführungen über Pub Crawls bis hin zu Ausflügen in die Umgebung; bei der Welcome Week gibt es so viele Angebote, dass für jeden etwas dabei ist und du an keinem Tag der Woche alleine in deinem Zimmer oder einem Café sitzen musst. Es gibt Veranstaltungen speziell für Erasmus Studierende, bei denen du in kleiner Runde schnell die anderen Austauschschüler kennenlernst. Die meisten Veranstaltungen sind kostenlos; bei manchen muss ein kleiner Obolus für Eintritt oder Anfahrt gezahlt werden. Hier ist der Link zur NTU Welcome Week, wo wieder rechtzeitig zum Wintersemester 2019/2020 alle Veranstaltungen gepostet werden: .
Studium an der Gastuniversität
Die Seminare und Vorlesungen werden nicht wie bei uns einzeln bewertet und können unabhängig voneinander belegt werden, sondern es gehören immer eine Vorlesung und ein Seminar zusammen und mit der Anmeldung nimmst du automatisch am gesamten Modul teil. In den meisten Fällen finden die Veranstaltungen eines Moduls am selben Tag statt, manchmal gibt es dazwischen einen Pausenblock von einer oder zwei Stunden. Da du für Veranstaltungen eines Moduls nicht den Campus wechseln muss, lässt sich die Zeit super dazu nutzen, in der Mensa etwas zu Mittag zu essen oder in der Bibliothek zu arbeiten.
Die Bibliotheken der Nottingham Trent University haben mich positiv überrascht. Die Auswahl an Büchern, Magazinen und anderen Nachschlagewerken ist so groß, dass es ohne den Internetkatalog kaum möglich ist, sich einen Überblick zu verschaffen. Bücher können, wie auch hier an der Uni Potsdam, bestellt und zu einem Wunschcampus geliefert werden, allerdings ist bereits die Online Bibliothek so groß, dass du die meisten Artikel bequem aus dem Internet herunterladen kannst. So brauchst du, solltest du noch spät abends etwas zum Nachschlagen brauchen, nicht in das Gebäude selbst zu laufen und nach dem Buch zu suchen.
Beeindruckt hat mich auch das campuseigene Fitnessstudio, das es sowohl am City Campus als auch am Clifton Campus gibt. Es wird eine Mitgliedschaft speziell für Erasmus Studenten angeboten. Hier kannst du für eine Gebühr von £50 das ganze Semester alle Kurse und anderen Sportangebote, sowie die Trainingsräume, sieben Tage die Woche unbegrenzt nutzen. Auch super finde ich das „Play for Fun“ Angebot. Hier kannst du Sportarten wie Volleyball, Trampolin oder Tennis ausprobieren ohne dich gleich einem Sportclub anzuschließen. Du zahlst pro Session £2. Solltest du aber schon eine Mitgliedschaft haben, sind die „Play for Fun“ Angebote inkludiert. Das ist eine gute Möglichkeit, Sportarten auszuprobieren, die du sonst vielleicht nicht machen würdest, und neue Leute kennenzulernen. Mehr Informationen zum Sportangebot der NTU gibt es hier.
Wohn- und Lebenssituation
Nottingham selbst ist eine wunderschöne Stadt mit einem großen kulturellen, kreativen und sportlichen Angebot. Ich habe deutlich gemerkt, dass die Stadt mit seinen zwei Universitäten und somit knapp 70.000 Studierenden auf eine jüngere Bevölkerung eingestellt ist. An jeder Ecke findest du Bars, Pubs und Clubs, von denen die meisten täglich geöffnet sind. In den meisten Geschäften und Restaurants gibt es Studentenrabatt und das können bis zu 20 Prozent Abzug vom Originalpreis sein. Das Netzwerk des öffentlichen Nahverkehrs ist so gut ausgebaut, dass du kaum darüber nachdenken musst, wie du nach Hause kommst. Selbst spät am Abend, wenn bei uns schon die Nachtbusse fahren, sind noch die regulären Linienbusse unterwegs. Solltest du doch einmal ein Taxi benötigen, dann ist das deutlich günstiger als in Deutschland und du musst meistens nicht lange warten.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, für den öffentlichen Nachverkehr zu bezahlen. Es gibt Einzelfahrausweise und Tageskarten, die besonders für Tagesgäste und Touristen optimal sind. Für Studenten gibt es allerdings die Möglichkeit, mit dem Studentenausweis Bus und Straßenbahn zu fahren. Ich habe mich für das Three Month Season Ticket des Robin Hood Networks entschieden. Dieses kostet für Studenten £160 und kann direkt in der Victoria Bus Station im Zentrum angefertigt werden. Mehr Informationen dazu gibt es hier.
Was die Unterkunft angeht, hätte ich mir mehr Unterstützung von der Gastuniversität gewünscht. Zwar schickte die Erasmuskoordinatorin in einer E-Mail einen Link zu den Studentenwohnheimen, über 90 Prozent davon boten aber nur Zimmer für das komplette akademische Jahr an. Viele Erasmus Studenten finden ihre Unterkünfte daher über private Anbieter. Ein Beispiel hierfür ist spareroom.co.uk. Hier sind sowohl private Unterkünfte als auch Studentenwohnheime, die Verträge speziell für Kurzzeitstudenten anbieten, eingetragen und die Preise sind deutlich günstiger, als wenn du ein Zimmer über die Universität für ein ganzes Jahr mieten würdest. Du solltest dich aber darauf einstellen, dass die Mietkosten in England um einiges höher sind als in Deutschland. Die Zimmer auf Spareroom starten bei £350 pro Monat, was umgerechnet ungefähr 400€ sind.
Du hast bestimmt schon gehört, dass auch die Lebenshaltungskosten in England sehr hoch sind. Das stimmt allerdings nur teilweise. Wenn du weißt, wo du am günstigsten einkaufst, bezahlst du nicht viel mehr als in Deutschland. Ein Vorteil ist, dass es beliebte deutsche Discounterketten wie Lidl und Aldi auch in England gibt. Die Preise hier ähneln stark den Preisen in Deutschland und es gibt viele regionale Produkte. Eine englische Alternative zu den deutschen Ketten ist Tesco, wo die Preise nur unwesentlich höher sind. Auch die Universität selbst hat einen Shop auf jedem Campus, hier solltest du allerdings nur dann einkaufen, wenn du dringend etwas brauchst, da du für ein Sandwich oder einen Wrap schon mal £4,50 bezahlen kannst.
Sollte dir Nottingham irgendwann einmal zu viel oder vielleicht auch nicht genug sein, gibt es viele verschiedene Möglichkeiten, Ausflüge in andere Städte und die Umgebung zu machen. Ein Anbieter hierfür ist die Universität selbst. Die NTU Students‘ Union bietet viele verschiedene Tagesausflüge, aber auch Wochenendausflüge an. Der Vorteil ist, dass diese Ausflüge bereits vollständig durchorganisiert sind, in den meisten Fällen ein Guide dabei ist und sie häufig günstiger sind, als wenn du alles selbst planst und buchst. Unter diesem Link sind alle Ausflüge der Students‘ Union zu finden.
Wenn du lieber individuell unterwegs sein möchtest, dann ist das aber auch nicht kompliziert. Nottinghams Bahnhof und Busbahnhof liegen direkt im Zentrum und verbinden die Stadt mit den umliegenden Regionen. Ohne umzusteigen kommst du mit dem Zug zum Beispiel nach London (ca. zwei Stunden), Manchester (ca. zwei Stunden) und Birmingham (ca. eineinhalb Stunden). Wenn du ein Freund der Natur bist und gerne auch mal zu Fuß die Gegend erkundest, empfehle ich dir einen Ausflug ins Peak District. Dieser Nationalpark ist zwar etwas unbekannter als das größere Lake District, bietet aber genau so schöne Wanderwege, verschlafene Örtchen und Touren, auf denen dir außer ein paar Kühen und Schafen niemand begegnet. Und du bist vergleichsweise schnell, in ungefähr eineinhalb Stunden, mit dem Zug dort. Wunderschön ist auch die Stadt Lincoln, die ungefähr eine Stunde mit dem Zug von Nottingham entfernt liegt. Viele der historischen Gebäude werden von Kleinhändlern gemietet, wodurch es hier viele unabhängige Geschäfte, Cafés und Restaurants gibt. Solltest du genügend Zeit haben, wirf auf jeden Fall einen Blick in the Kathedrale und auch die Burg von Lincoln ist einen Besuch wert.
Studienfach: Anglistik/Amerikanistik und Germanisik
Aufenthaltsdauer: 9/2018-1/2019
Gastuniversität: Nottingham Trent University
Gastland: Großbritannien
Rückblick und Tipps
Meine Zeit in Nottingham hat sich wirklich gelohnt. Ich habe viele neue Leute kennengelernt und Freundschaften mit Menschen aus den unterschiedlichsten Ländern geschlossen. Ich habe eine Menge dazugelernt, insbesondere was Selbstständigkeit und das Leben in einem fremden Land angeht. Solltest du also die Möglichkeit haben, ins Ausland zu gehen, ergreife sie auf jeden Fall.
Hier sind noch ein paar abschließende Tipps:
1. In der Nähe von Nottingham (ca. eine Stunde mit dem Bus) gibt es einen Flughafen, den East Midlands Airport (EMA). Von Berlin Schönefeld wird er zweimal in der Woche angeflogen und die Flüge sind grundsätzlich nicht teurer als die nach London oder Birmingham. Ich habe bei meiner Anreise den Fehler gemacht nach London zu fliegen und musste von dort noch dreieinhalb Stunden mit dem Zug fahren. Wenn du also die Möglichkeit hast, ab Schönefeld zu fliegen, schau mal bei RyanAir nach, ob an deinem Flugtermin ein Flug geht oder ob du deinen Abreisetag um einen oder zwei Tage verschieben kannst. So sparst du auf jeden Fall eine Menge Zeit und Nerven an deinem ersten Tag.
2. Du bist mit der Unterkunftssuche ziemlich auf dich allein gestellt und die guten Angebote gehen weg wie heiße Semmeln. Schau also so früh wie möglich nach, ob es für deinen Zeitraum noch Kapazitäten in den Studentenwohnheimen oder in privaten Unterkünften gibt. Ich habe den Fehler gemacht zu lange zu warten und bin dadurch ziemlich teuer privat untergekommen, in einem Haus, in dem keine anderen Studenten gewohnt haben.
3. Nutze deine freien Tage für Ausflüge. Die Gegend um Nottingham hat eine Menge zu bieten, sodass du nicht automatisch weit fahren musst, um etwas Tolles zu sehen. Je nachdem in welcher Fakultät du studierst, wirst du vermutlich eine „Red Week“ in der Mitte des Semesters haben. Das ist eine komplette Woche, in der keine Seminare und Vorlesungen stattfinden und die zum Selbststudium gedacht ist. Wenn du rechtzeitig buchst, kannst du super Angebote für längere Trips, zum Beispiel nach Irland oder Schottland, finden.
4. Scheue dich nicht, dich mit Fragen an deinen Erasmuskoordinator in England zu wenden. Meine Koordinatorin war sehr hilfsbereit und hat meistens innerhalb einer Stunde auf E-Mails geantwortet. Ihr Büro war unter der Woche von 09:00 bis 15:00 geöffnet, wodurch es nie lange Warteschlangen gab und ich meistens sofort mit meiner Frage an der Reihe war. Den Leuten vor Ort ist klar, dass besonders Auslandsstudenten zu Beginn unsicher sind, da sie einigen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Unterschieden zu ihrem Heimatland gegenüberstehen, und ich habe niemanden an der Uni getroffen, der bei Problemen nicht gerne weitergeholfen hat.
Ein Auslandsaufenthalt ist eine tolle Möglichkeit, sich mental weiterzuentwickeln, sei es durch neue Lerninhalte oder durch die Begegnungen mit Menschen verschiedenster kultureller Hintergründe. Du wirst mit großer Wahrscheinlichkeit einen ganzen Haufen mehr Geld ausgeben als du es in Deutschland in einem Semester tun würdest, aber all dieses Geld investierst du in Erfahrungen und Begegnungen, die dir noch lange erhalten bleiben werden.