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Vorbereitung des Auslandsaufenthaltes

Für mich stand von vornherein fest, dass ich mein Erasmus-Semester an einer französischen Universität verbringen will, da das Lernen der Sprache für mich die primäre Motivation für den Auslandsaufenthalt war. Nachdem ich mich informiert hatte, welche Partneruniversitäten die Uni Potsdam in Frankreich hat und an welchen ich Veranstaltungen auf Französisch in meinem Fachbereich besuchen kann, war die größte Herausforderung, mein Französisch genügend aufzufrischen: Das habe ich während der zwei Semester vor dem geplanten Auslandsaufenthalt durch Sprachkurse vom Zessko begonnen und durch ein Sprachtandem ergänzt. Rückblickend kann ich sagen, dass gerade die Vorbereitung durch das Tandem mir sehr geholfen hat, da es mir die Angst vorm Sprechen und vor allem vorm Fehler machen genommen hat. Meine Französisch- und Englischkenntnisse konnte ich durch die Teilnahme an den Sprachkursen belegen, sowie durch sonstige Sprachzeugnisse. Bereits im Februar habe ich erfahren, dass ich meinen Wunschplatz an der Sciences Po Lille bekommen habe. Im Laufe des Frühjahrs musste ich dann einige der Bewerbungsunterlagen nochmal auf der Website der Gasthochschule hochladen, was aber sehr unkompliziert war. Zwischen April und September hat sich die Gasthochschule sehr bemüht, uns zeitnah detaillierte Informationen über die Einführungswoche, die Kurswahl und die Unterkunftssuche zu geben. Sowohl von Seiten der Uni Potsdam als auch der Sciences Po Lille habe ich mich also ausgezeichnet betreut gefühlt. 


Studienfach: Internationale Beziehungen

Aufenthaltsdauer: 09/18-12/18

Gastuniversität: Scienes Po Lille

Gastland: Frankreich

Studium an der Gastuniversität

 Ähnlich wie in Deutschland ist das Studienjahr in Lille in zwei Semester aufgeteilt, wobei das Wintersemester Anfang September beginnt und kurz vor Weihnachten endet. Die Bearbeitungszeit aller Prüfungsleistungen fällt in diese vier Monate, sodass ich das Studium teilweise als zeitlich konzentrierter, als in Deutschland wahrgenommen habe. Das lag unter anderem auch daran, dass einige Kurse in wenigen Wochen stattfanden und andere über das gesamte Semester gestreckt waren. Gewöhnungsbedürftig waren die dreistündigen Vorlesungen, die ein sehr hohes Maß an Konzentration erforderten, was bei einer Lehrveranstaltung in französischer Sprache eine besondere Herausforderung für mich dargestellt hat.
Die Lehrveranstaltungen gliedern sich wie in Deutschland in Vorlesungen und Seminare, wobei die Leistungsbewertung etwas „diverser“ als in Deutschland ist: über schriftliche Prüfungen, Präsentationen und mündliche Abfragen, Kurzessays und lange Hausarbeiten kann alles vertreten sein; mitunter gibt es für ein Fach auch eine Mischung an Prüfungsformen. Die Sciences Po Lille bietet sowohl gesonderte Kurse für Erasmusstudierende in Französisch und Englisch an, als auch die Möglichkeit, an den regulären Kursen der französischen Studierenden teilzunehmen. Während es mir schien, dass die Dozenten für die Erasmuskurse ein hohes Maß an Flexibilität aufgewiesen haben, musste man sich bei der Belegung von „normalen“ Kursen darüber im Klaren sein, dass es für internationale Studierende bei der Leistungserbringung weniger Sonderregelungen gab – hier kann man jedoch nicht generalisieren, da die individuelle Ausgestaltung der Leistungserbringung je nach Dozent/in unterschiedlich ausfällt.
Gleiches trifft auch auf die Qualität der Kurse zu. Der Großteil meiner Kurse war gut strukturiert und sehr interessant, einzelne Kurse dagegen konnten mich inhaltlich nicht überzeugen. Bei den Kursinhalten merkt man auch deutlich die eher praktische Orientierung der Grand Écoles, da im Vergleich zu Deutschland relativ wenig Theorie und Lesestoff verlangt wurden und auch wissenschaftliche Regeln, wie beispielsweise Zitierregeln, etwas lockerer gesehen wurden. Anders als in Deutschland musste ich an der Sciences Po Lille viele Gruppenarbeiten abgeben – hier hat man oft nur einen kleinen Teil zu schreiben, allerdings kann die Koordination der Gruppe sehr viel Zeit und Kompromissbereitschaft in Anspruch nehmen. Für Gruppenarbeiten konnte man sich in der Bibliothek, die in einem separaten Gebäude neben der Uni untergebracht war, Räume mieten. Leider hatte die Bibliothek eine eher geringe Kapazität an Büchern und Plätzen – gerade, weil auch Studierende anderer Universitäten die Bibliothek nutzen, war sie oft ausgelastet und man musste auf leere Räume in der Universität zurückweichen, um zu arbeiten.

Die Sciences Po Lille bietet ausschließlich politische Studien an. Zusammen mit dem Umstand, dass es sich um eine der Grand Écoles, also der „Vorzeige-Unis“ für Politikwissenschaft in Frankreich handelt, lässt sich die relativ geringe Anzahl an Studierenden erklären. Ich persönlich habe die geringe Größe der Uni an sich, als auch der Seminare und Vorlesungen als sehr angenehm wahrgenommen. Die Einzelbetreuung habe ich daher auch als wesentlich besser, als in Deutschland empfunden, sowohl von Dozenten als auch von Verwaltungsmitarbeitern. Die geringe Größe der Universität und die zahlreichen Studienassoziationen, die den Alltag der Uni aktiv mitgestalten, haben mir ein starkes Gefühl von Zugehörigkeit vermittelt. Diese Faktoren haben dazu beigetragen, dass ich das Studienklima angenehmer, als in Deutschland empfunden habe.

Kontakt zu einheimischen und internationalen Studierenden

 Das engagierte Büro für Internationale Studierende wurde von französischen Studierenden geleitet und hat sich sehr dafür engagiert, den Internationals eine einmalige Zeit zu bescheren. Über das Semester hinweg wurden viele Veranstaltungen organisiert, darunter auch Ausflüge innerhalb Frankreichs oder zu den EU-Institutionen in Brüssel, einen Abend in einem französischen Restaurant oder eine Weinverkostung. Durch die zahlreichen Veranstaltungen ist man sehr leicht in den Kontakt mit anderen Austauschstudierenden gekommen und man konnte sich auch mit einigen französischen Studierenden anfreunden. Das was außerdem durch die vielen Gruppenarbeiten und die Beteiligung an den Studierendenassoziationen möglich. Generell empfand ich die französischen Studierenden als sehr aufgeschlossen und hilfsbereit. Es hat mich gefreut, dadurch auch Kontakte mit Franzosen schließen zu können und nicht nur mit Austauschstudenten.

Sprachkompetenz vor und nach dem Auslandsaufenthalt

 Vor dem Auslandsaufenthalt bewegte sich mein Sprachniveau in Französisch zwischen B1 und B2, wobei ich hauptsächlich Probleme damit hatte, Alltagsvokabeln zu kennen und mich spontan äußern zu können. Da ich alle Lehrveranstaltungen auf Französisch belegt habe und bei einer Französin zur Untermiete gewohnt habe, denke ich, dass mein Französisch sich auf jeden Fall verbessert hat – natürlich kann man an einigen Tagen besser sprechen, während einem es an anderen schwerer fällt. Aber generell kenne ich jetzt mehr Vokabeln, habe weiter die Angst vor dem Sprechen verloren und Freude daran gefunden, Bücher in Französisch zu lesen. 

Wohn- und Lebenssituation

Wie bereits beschrieben, hat die Sciences Po Lille den internationalen Studierenden viele Hinweise gegeben, wie sie eine Unterkunft finden können. Nach meiner Registrierung auf diversen Webseiten habe ich es schwierig gefunden, eine bezahlbare Unterkunft für nur 4 Monate zu finden. Zwischen 400 und 500 Euro sollte man für ein Zimmer in einer Studentenwohnung – oder Appartement auf jeden Fall einplanen. Hier ist es hilfreich zu wissen, dass man das Wohngeld beantragen kann – jedoch muss man dafür einiges an Geduld mitbringen, da der Vorgang sehr bürokratisch ist. Da Lille eine eher kleine Großstadt ist, kann man eigentlich keine schlecht gelegene Wohnung haben – Metro und Fahrrad bringen einen in mindestens 20 Minuten zum gewünschten Ort, der Großteil der Strecken ist fußläufig erreichbar.
Bevor ich nach Lille gekommen bin, hatte ich so gut wie gar keine Vorstellung, was ich erwarten sollte, da die Stadt Touristen eher unbekannt ist. Erstmal lässt sich sagen, dass die Stadt geographisch ideal gelegen ist: binnen zwei Stunden kann man jedes Ziel in Belgien erreichen, nach London oder Paris fahren. Es eignet sich also perfekt für Studierende, die Nordfrankreich und die angrenzende Region besser kennen lernen wollen. Da es sowohl klein als auch wenig touristisch ist, sind die Kosten für Lebensunterhalt und Freizeitgestaltung in Lille etwas geringer als in anderen Teilen Frankreichs. Dennoch ist es im Vergleich zu Deutschland im Schnitt 10-15% teuer, besonders merkt man diesen Unterschied im Supermarkt und in Restaurants. Lille verfügt jedoch glücklicherweise über einen großen Lebensmittelmarkt, auf dem man günstig Obst und Gemüse einkaufen kann. Ansonsten besticht Lille durch seine malerische Altstadt, viele kleine Läden und Boutiquen, zahlreiche Cafés und Bars, Bäckereien mit regionalen Spezialitäten und sehr nette Bewohner. Gerade wenn man einige Worte Französisch spricht oder bereit ist es zu lernen, kann man sich daher in Lille ausgesprochen wohl fühlen.

Studienfach: Internationale Beziehungen

Aufenthaltsdauer: 09/18-12/18

Gastuniversität: Scienes Po Lille

Gastland: Frankreich


Rückblick

Ich habe meine Zeit in Lille rundum genossen. Besonders wenn man offen für die französische Sprache ist und man sich mit einigen Eigenheiten der Studienorganisation arrangieren kann, steht einem Semester voller schöner Erlebnisse im Norden Frankreichs nichts im Wege. Für mich hat sich die Entscheidung, das Erasmussemester in einer kleinereren, etwas unbekannteren Stadt in Frankreich zu verbringen, voll ausgezahlt: ich konnte trotz der großen Zahl an internationalen Studierenden mein Französisch verbessern, interessante Kurse belegen und einen authentischen französischen Lebensstil kennenlernen.

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