Ergebnisse ihrer mehrjährigen Untersuchungen an menschlichen Skeletten aus der Großen Ungarischen Tiefebene veröffentlicht jetzt eine aus 13 Wissenschaftlern bestehende internationale Forschergruppe in der Fachzeitschrift „Nature Communications“. Zu ihnen gehört der Biologe Prof. Dr. Michael Hofreiter von der Universität Potsdam. In ihrer Studie liefern die Wissenschaftler Beweise dafür, dass die großen technologischen Übergänge in Mitteleuropa auch mit großen genetischen Veränderungen der menschlichen Populationen verbunden waren.
Eines der wichtigsten Ergebnisse der Untersuchungen besteht darin, dass ein bestimmter Schädelknochen, das Felsenbein, der harte Teil des Schläfenbeins, wesentlich mehr endogene DNA enthält als alle anderen Skelettelemente. Bisher ist man davon ausgegangen, dass Zähne das beste Substrat für alte-DNA-Studien darstellen. Das Felsenbein enthält jedoch mehr endogene (bis zu 90 Prozent) und weniger mikrobielle DNA. Das hat zur Folge, dass Paläogenom-Projekte deutlich billiger und umfangreichere Studien mit Hilfe alter DNA möglich werden. „Das ist ein technischer Durchbruch“, sagt Michael Hofreiter.
Die zweite Erkenntnis der Studie zeigt, dass sich die genetische Vielfalt im Untersuchungsgebiet Ungarn jedes Mal dann deutlich veränderte, wenn eine kulturelle Umwälzung in Mitteleuropa stattfand, das heißt jeweils zum Beginn des Neolithikums, der Bronzezeit, der Eisenzeit sowie zwischen Eisenzeit und Moderne. Bisher war nicht klar, ob kulturelle Umbrüche vorwiegend auf die Weitergabe von Ideen oder die Wanderung von Bevölkerungsgruppen zurückzuführen sind. Die neuesten Forschungen belegen eindeutig, dass es jeweils auch zu Bevölkerungswanderungen gekommen ist. Sonst hätte sich die genetische Signatur der Bevölkerung nicht so deutlich verändert. In Zeiten kultureller Stabilität dagegen erscheinen die genetischen Veränderungen eher gering.
Bei ihren Untersuchungen in Ungarn konnten die Forscher schließlich auch belegen, dass die Menschen in der Jungsteinzeit bereits Milchwirtschaft betrieben, aber vermutlich wenig frische Milch, sondern mehrheitlich verarbeitete Milchprodukte zu sich genommen haben, da sie noch nicht Laktose-tolerant waren.
Kontakt: Prof. Dr. Michael Hofreiter
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Medieninformation 22-10-2014 / Nr. 183
Dr. Barbara Eckardt
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